Presseerklärung von Lause Bleibt!

Eigentümer Taekker stoppt Verhandlungen – Erste Mieterin gekündigt – Mieter_innen wehren sich gegen Verdrängung

Anfang September 2018 erhielten fünf Mietparteien des Wohn- und Gewerbehofes Lausitzer Straße 10/11 Kündigungen von Eigentümer Jørn Taekker. Der dänische Investor bot an, neue Verträge zu verschlechterten Konditionen abzuschließen. Er halbierte die Kündigungszeit und verlangte einen um bis zu 56 Prozent erhöhten Mietzins. Für die Modedesignerin Lessja Verlingieri bedeutet das eine Mietsteigerung, die für sie nicht mehr tragbar ist. Sie kann keinen neuen Vertrag abschließen. Ein zweiter Mieter, der Eiswagenfahrer Mauro Luongo, der seit 18 Jahren im Hinterhof der Lause Parkplatz und Lagerraum anmietet, wurde ohne Begründung gekündigt, ganz ohne ein verändertes Vertragsangebot. Damit gibt es, entgegen vorheriger Zusicherungen, einen neuen Fall von Verdrängung. Taekker hat sein Wort gebrochen.

Im Dezember 2016 hatten die Mieter_innen der Lausitzerstraße 10 und 11 durch Zufall erfahren, dass Eigentümer Jørn Taekker die Häuser verkaufen wollte. Der Wohn- und Gewerbehof "Lause" beherbergt neben langjährigen Wohnmieter_innen auch Gewerbetreibende, künstlerische Projekte und politische Initiativen wie das Antifaschistische Pressearchiv und Bildungszentrum (Apabiz) oder die Initiative Schwarze Menschen in Deutschland (ISD). Dem Dossier des Maklerbüros Engel & Völkers war zu entnehmen, dass Taekker die Gebäude, die er zehn Jahre zuvor für 2,3 Millionen Euro vom Land Berlin erworben hatte, nun für 19,4 Millionen Euro verkaufen wollte. Eine Umwandlung in Luxuslofts hätte nicht nur die Vertreibung aller Mieter_innen bedeutet, sondern auch den Mietspiegel in der Umgebung weiter nach oben getrieben.

Die Initiative Lause Bleibt! konnte dank der massiven Unterstützung aus der Nachberschaft, dem Bezirk und dem Land sowie der breiten Öffentlichkeit die Verdrängung vorerst stoppen. Taekker kündigte an, vom Verkauf abzusehen und gemeinsam mit den Mieter_innen nach einer langfristigen Lösung zu suchen. Daraufhin entwickelten sich in der Lause rege Aktivitäten: Der Mieter_innenverein "Lause Lebt e.V." wurde gegründet, um die weiteren Verhandlungen zur Nutzung des Gebäudes zu übernehmen. Die Veranstaltungsreihen "Lause Live" und "Interlause" brachten ein vielfältiges kulturelles wie diskursives Angebot in die Nachbarschaft. Namhafte Künstler_innen wie Martyn Heyne und Barbara Morgenstern konnten für Konzerte gewonnen werden. Die erste Hinterhofoper mit Arien von Mozart und Puccini wurde zwar von der Hausverwaltung kurzfristig verboten, konnte aufgrund der solidarischen Nachbarschaft auf dem Gelände der Regenbogenfabrik stattfinden – mit über 200 Zuschauer_innen.

Im vergangenen Jahr hat der Verein "Lause Lebt" Taekker viele Angebote unterbreitet. Sei es, den Gebäudekomplex mit Mitteln der Stadt und der Wohnungsbaugesellschaft WBM zu kaufen oder ihn mit einem Genossenschaftsmodell zu pachten. Als letzten Schritt brach Taekker nun die zugesagten Verhandlungen um einen Gesamtmietvertrag ab, ohne dass über die genauen Konditionen gesprochen wurde. Damit drängt sich der Eindruck auf, dass das Angebot von Verhandlungen nur eine Hinhaltetaktik war, um währenddessen Pläne zur profitorientierten Nutzung der Häuser entwickeln und die Verdrängung der Mieter_innen ohne Proteste durchführen zu können. Die aktuell leerstehenden Flächen innerhalb der Lause bietet Taekker für 17,50 pro Quadratmeter an.

Martin Navalny von der Initiative Lause Bleibt! sagt: "Für uns macht es keinen Unterschied, ob wir unseren Wohn- und Arbeitsraum verlieren, weil das Haus verkauft wird oder weil die Mieten über die Schmerzgrenze hinaus erhöht werden. In beiden Fällen sollen wir verdrängt werden." Es handele sich hier um eine "Salamitaktik, mit dem Ziel alle Mieter_innen nach und nach aus dem Haus zu werfen." Da klar sei, dass es keine erschwinglichen Alternativen gebe, könnten die Mieter_innen das nicht hinnehmen. Taekker habe die Rechnung offenkundig ohne die neue Organisierung in der Lause gemacht. "Wir lassen uns nicht gegeneinander ausspielen. Die Zeiten, in der jede_r Mieter_in einzeln dem übermächtigen Vermieter gegenüberstand, sind vorbei." Der Sprecher der Initiative kündigte entschlossenen Widerstand an.

Lause Bleibt!
09.10.2018

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